Ambrosia-Saison in Ungarn geht wieder los!

Ambrosia / Parlagfü in Ungarn

Stefan Höhm (sh): Ambrosia, Wilder Hanf, Ragweed oder eben auf Ungarisch Parlagfü – es gibt viele Namen für das, was den Allergikern vor allem in den nächsten Wochen bis Anfang September das Leben schwer machen wird. Ca. 20% der Ungarn reagieren auf diese hypoallergene Pflanze, die sich beim Wachstum ziemlich anspruchslos zeigt. Ein staubiger Straßenrand, Bahndämme, Kiesgruben, Baustellen und sogar Schutthalden, die „grünen Aliens“ wachsen einfach überall. Aber was steckt eigentlich hinter diesem Krautgewächs, das vor 15 Jahren fast noch niemand kannte?

In Deutschland beschrieb man die Pflanze das erste Mal um das Jahr 1860 herum, seit 1990 trat sie dann verstärkt vor allem in Süddeutschland, dem Oberrheingraben und in der Lausitz auf. Ein ernstzunehmendes Problem stellte sich aber erst ab dem Jahr 2000 ein, als die Ambrosiapflanze aufgrund einer genetischen Mutation Frostbeständigkeit entwickelte und sich gerade in Ungarn, aber auch in den wärmeren, pannonischen Gegenden Österreichs, stark verbreiten konnte.

Der Mensch ist an dieser explosionsartigen Vermehrung nicht unschuldig, denn verunreinigtes Vogelfutter aus Nordamerika wird heute hauptsächlich für die Verbreitung in  Europa verantwortlich gemacht. Hinzu kommt, dass die Allergietoleranz vieler Menschen vor allem durch Autoabgase gesenkt  wurde, d.h. viele Betroffene heute schon bei geringeren äußeren Einflüssen Symptome zeigen. Und die sind bei Ambrosia heftig: Fließschnupfen, Bindehautentzündungen, entzündete Schleimhäute und sogar Asthma gehören hier zu dem Spektrum, welches die Lebensqualität massiv beeinträchtigen kann. Hinzu kommt, dass nicht nur überdurchschnittlich viele Menschen allergisch reagieren, sondern durch die relativ späte Saison die bisherigen Heuschnupfenzeiten erheblich verlängert werden; man spricht zuweilen auch vom „Herbstheuschnupfen“.

Was kann man also gegen ein Gewächs tun, dass während seiner Blütezeit von Juli bis Oktober (mit Schwerpunkt in den kommenden Wochen) ca. 1 Milliarde Pollen und anschließend 60.000 Samen produziert, wo man schon bei 11 Pollen pro Kubikmeter Luft von einer „starken Belastung“ sprechen muss, und dann auch noch 40 Jahre keimfähig ist? Die Behörden entwickeln hier länderübergreifend ähnliche Strategien. Es werden Karten erstellt, um sich überhaupt erst einmal einen Überblick über die Anwachsgebiete zu verschaffen, und dort versucht man dann, möglichst konsequent gegen die Pflanze vorzugehen.

Grundstückseigentümer in Ungarn sind deshalb verpflichtet, Ambrosia von ihren Grundstücken zu entfernen. Natürlich darf man das nicht kompostieren, sondern sollte die ausgerissenen Pflanzen am besten in einer Plastetüte in die Mülltonne geben. Für Missachtung dieser Pflicht können Strafen zwischen 15.000 und 5 Millionen Forint (50 bis 16.000 €) verhängt werden. Außerdem haben Forscher entdeckt, dass der Ophraella communa, ein Blattkäfer, die Verbreitung der Ambrosia stoppen und rückgängig machen kann. Ob damit schon ein biologisches Schädlingsbekämpfungsmittel gefunden wurde, steht aber noch nicht fest und bedarf weiterer Untersuchungen.

Bis dahin heißt es für die Betroffenen, irgendwie durch die Allergiezeit zu kommen. Ein direktes Gegenmittel gibt es zwar noch nicht, verschiedene „Allergietabletten“ aus der Apotheke können die Symptome aber zumindest lindern. Hierzu sollte man sich unbedingt beraten lassen, denn ein Nasenspray, welches bei Erkältungen Wunder wirken kann, verursacht bei Allergien vielleicht mehr Schaden als Nutzen und ist auch nicht für wochenlange Anwendungen gedacht. Grundsätzlich sollte man die allgemeinen Richtlinien bei Allergien beachten, also die Fenster möglichst geschlossen halten, sich am besten täglich vor dem Schlafengehen die Haare zu waschen, im Schlafzimmer nicht die Kleidung wechseln oder die Bettwäsche häufiger wechseln. Auch ein Verlegen des Sommerurlaubs kann ein eleganter Weg sein, den Problemen zumindest zeitweise aus dem Weg zu gehen, wobei freilich zu beachten ist, dass sich die Ambrosia auch in Italien oder Frankreich zunehmend ausbreitet und ein weiteres Vordringen Richtung Norden aufgrund der globalen Erwärmung heute als wahrscheinlich gilt.

Wenn man in Ungarn eine Ambrosiapflanze gesichtet hat, kann man das hier melden: http://pme.hu/bejelento-terkepes/